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Wo sind wir?

Deutsche verlassen die Kreisstadt © südböhmisches museum in budweis, sammlung geschichte, fond „s“. zdroj: jihočeské muzeum v Českých budějovicích, podsbírka historie, „s“

Wir befinden uns in České Budějovice (auf Deutsch Budweis), wo bis zum Ende des zweiten Weltkriegs eine große deutsche Minderheit gelebt hat. Die Deutschen haben die Stadt schon seit ihrer Gründung im 13. Jahrhundert besiedelt. Dabei wurde deutschsprachige Bevölkerung in dünn besiedelte böhmische Gebiete angeworben, um dort vor allem im Bergbau tätig zu werden.

Im 16. Jahrhundert haben sie in Budweis sogar zahlenmäßig überwogen und hatten bedeutende Posten in der Stadtverwaltung inne. Im 19. Jahrhundert zogen immer mehr Tschech*innen vom Land in die Stadt, was zu einer Verschiebung in der Zusammensetzung der Bevölkerung in den Städten führte. So auch in Budweis. Dieser Zuzug ging einher mit einer wachsenden Emanzipation der tschechischen Bevölkerung. Das heißt der Ruf nach einer eigenen Nation und der Loslösung von der politischen Herrschaft der Habsburger wurde stärker. (Das heutige Tschechien gehörte damals zur Habsburger Monarchie, die von Österreich aus regiert wurde).

Das langjährige Zusammenleben der deutschen und tschechischen Bevölkerung war oft problematisch, zugleich aber auch produktiv und für beide Bevölkerungsgruppen bereichernd gewesen. Einen Wendepunkt in den deutsch-tschechischen Beziehungen brachten die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts und der darauffolgende Weltkrieg, als sich die große Mehrheit der Budweiser Deutschen der nationalsozialistischen Ideologie zuwandte.

Die Zwangsaussiedlung

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde auf der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 die organisierte Zwangsaussiedlung der deutschen Bevölkerung aus der Tschechoslowakei (heute Tschechien und Slowakei) beschlossen. Diese betraf auch die Budweiser Deutschen. In vielen Fällen bezogen sich diese Anordnungen auch auf Personen, die nicht mit dem nationalsozialistischen Regime zusammengearbeitet hatten oder sogar gegen das NS-Regime eingestellt waren. Unabhängig davon wurden sie dennoch aus ihren Häusern ausgewiesen. Sie wurden dann in sogenannte Sammellager deportiert und von hier aus weiter in die Besatzungszonen in Deutschland. In den Lagern warteten die Vertriebenen auf den Transport. Die Budweiser Deutschen wurden in den Sammellagern in Suché Vrbné oder in Zámostí versammelt, wo sie auch Zwangsarbeit leisten mussten. Die Bedingungen im Lager in Zámostí waren anfangs sehr dürftig, sodass die Sterblichkeit insbesondere unter älteren Menschen groß war. Der erste Transport aus Budweis wurde am 24. Januar 1946 durchgeführt, die anderen 10 Transporte folgten dann bis November desselben Jahres. In den Sammelzentren konnten die für Aussiedlung bestimmten Deutschen den Wunsch äußern, wo sie am liebsten hingehen möchten. Die meisten gaben als Ziel Bayern an. Daraufhin richteten die tschechoslowakischen Behörden die Transporte an die tschechisch-bayerische Grenze in das Grenzdurchgangslager Furth im Wald ein. Es wurde erlaubt 50 Kilo Gepäck mitzunehmen. Insgesamt wurden auf diese Weise etwa 6.000 Menschen aus Budweis zwangsausgesiedelt.

P.S.

Nach Bayern kamen übrigens bis 1950 über eine Million vertriebene Deutsche aus der Tschechoslowakei (heute Tschechien & Slowakei). Das sind z.B. 200.000 mehr als Syrer*innen im Jahr 2021 in Deutschland leben.


Quellen:

Petráš, Jiří: Česko-německá problematika v Českých Budějovicích po skončení druhé světové války. Jihočeské muzeum v Českých Budějovicích 2007.

http://severniceskobudejovicko.cz/2016/02/10/70-let-od-vylikvidovani-nemeckeho-obyvatelstva-z-jiznich-cech/

http://encyklopedie.c-budejovice.cz/clanek/cesi-a-nemci

http://encyklopedie.c-budejovice.cz/clanek/odsun-nemcu